S-Schichten

Bakterielle S(surface)-Schichten sind geordnete Proteinschichten, die die äußerste Zellwandkomponente bei vielen Bakterien und Archaen bilden. S-Schichten bestehen aus einzelnen Protein- oder Glykoproteinspezies und stellen die einfachsten biologischen Membranen, die im Zuge der Evolution entwickelt wurden, dar. S-Schichten sind hoch poröse Proteingitter, deren Elementarzellen in der Größe zwischen 3 und 30 nm, und Poren zwischen 2 und 8 nm liegen. S-Schichten sind allgemein zwischen 5 und 20 nm dick (Archaea bis zu 70 nm). S-Schichtproteine gehören zu den am häufigsten vorkommenden Biopolymeren auf der Erde. Isolierte und gereinigte native, als auch rekombinant hergestellte S-Schichtproteine bilden in Lösung, sowie auf festen Trägern, an der Wasser-Luftgrenzfläche, an Lipidfilmen, Liposomen, Nanokapseln und Nanopartikeln wieder geordnete, selbst-assemblierte Mono- oder Doppelschichten aus. Die Selbstorganisation ist Entropie getrieben und ein faszinierendes Beispiel für Matrix-Assembly, das in einem mehrstufigen, nicht-klassischen Prozess, in dem die Proteinfaltung direkt mit der Selbst-Assemblierung zu geordneten Strukturen verknüpft ist, abläuft. Dies gilt auch für S-Schicht-Fusionsproteine, die nach der Rekristallisation die Funktionalität des Fusionspartners als geordnete Matrix präsentieren. Auf diese Weise können maßgeschneiderte funktionelle Proteine hergestellt werden.

Anwendungsoffene Grundlagenforschung zur Struktur, Synthese, Genetik, der Selbstorganisation und der Funktion von S-Schichtproteinen ebnete den Weg zu ihrer Anwendung in der Biotechnologie, Biomimetik, synthetischen Biologie und Nanotechnologie.

Literatur

  • Pum, D., Breitwieser, A., Sleytr, U.B. Patterns in Nature - S-Layer Lattices of Bacterial and Archaeal Cells. Crystals 2021, 11, 869.
  • Sleytr, U.B., Schuster, B., Egelseer, E.M., Pum, D. S-layers: Principles and Applications. FEMS Microbiology Review 2014, 38, 823-864.
  • Pum, D., Sleytr, U.B. Reassembly of S-layer proteins. Nanotechnology 2014, 25, 312001.

 

TEM Aufnahme einer S-Schicht tragenden Bakterienzelle

TEM Aufnahme einer S-Schicht tragenden Bakterienzelle

AFM-Aufnahme einer S-Schicht auf einem Siliziumwafer

AFM-Aufnahme einer S-Schicht auf einem Siliziumwafer

S-Schichtprotein und Kohlenstoffnanoröhren Bausatz

Kohlenstoffröhren (engl. carbon nanotubes (CNTs)) sind zylinderförmige Nanostrukturen, die rein aus Kohlenstoffatomen aufgebaut sind. Auf Grund ihrer herausragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften, sowie thermischen Leitfähigkeit, werden CNTs bereits als Zusätze in neuen Werkstoffen eingesetzt. CNTs wurden in letzter Zeit aber auch für Anwendungen in der Medizin näher betrachtet, da sie auf Grund ihres geringen Durchmessers Zellen und Gewebe durchdringen können. Nachdem CNTs chemisch inert sind und sich z.B. in Wasser nicht lösen, muss ihre Oberfläche chemisch oder durch Binden von Biomolekülen angepasst werden, um so mit weiteren Molekülen beladen zu werden oder mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung treten zu können. Dazu werden bevorzugt Proteine verwendet, da diese meistens gut biokompatibel sind und funktionelle Gruppen zum weiteren Binden anbieten. Aber, die Proteine - und somit deren funktionelle Gruppen - sind auf der CNT-Oberfläche meist nur unregelmäßig und auch nicht dicht gebunden. 

Eine Alternative zur Funktionalisierung von CNTs mit – zudem geschlossenen und hoch geordneten - Proteinschichten bieten S-Schichtproteine, die bereits seit langem zum Modifizieren von Oberflächen in der Nanobiotechnologie eingesetzt werden.

Das Projektziel liegt in der Erforschung der Rekristallisation von S-Schichtproteinen auf Kohlenstoffröhren und in der Anwendung der Erkenntnisse zur Herstellung neuartiger Materialien, wie z.B. für die Biosensorik. Der Schlüssel dazu liegt in den Eigenschaften der S-Schichtproteine selbst, die eine hochspezifische Funktionalisierung der CNT Oberfläche erlauben. Im weiteren sollen neuartige Hybridstrukturen, wie z.B. Container zum Transport von Wirkstoffen, auf der Grundlage der Biomineralisation an S-Schichten entwickelt werden.

Diese Beispiele eines Bausatzes aus S-Schichten und Kohlenstoffröhren zeigen, dass dieses Projekt zu einer neuen Technologie zur biologischen Funktionalisierung von Kohlenstoffröhren führen kann.

Danksagung

Gefördert durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) [P 31927-N28].

Literatur

  • Breitwieser, A., Sleytr, U.B., Pum, D. A New Method for Dispersing Pristine Carbon Nanotubes Using Regularly Arranged S-Layer Proteins. Nanomaterials 2021, 11, 1346.
  • Breitwieser, A., Siedlaczek, P., Lichtenegger, H., Sleytr, U.B., Pum, D. S-Layer Protein Coated Carbon Nanotubes. Coatings 2019, 9, 492.

Schematische Darstellung präzise angeordneter S-Schichtproteine (orange) auf der CNT Oberfläche. Weitere Biomoleküle (blau) werden auf dem S-Schichtgitter dicht und geordnet gebunden. Im Gegensatz dazu ordnen sich viele Biomoleküle, wie z.B. BSA (grün), nur ungeordnet an, weshalb dann weitere Moleküle (blau) ebenfalls unregelmäßig gebunden werden.